Demografie trifft Unternehmen: Mehr als 300.000 Betriebe in NRW vor der Übergabe
IHK NRW veröffentlicht IHK-Nachfolgereport 2024
In der Wirtschaftskrise wächst der Druck auf den Standort Nordrhein-Westfalen: Die Zahl der übergabereifen Unternehmen steigt um 40.000 Unternehmen – gleichzeitig steigen die Schwierigkeiten, eine geeignete Nachfolge zu finden. Wie eine aktuelle Umfrage von IHK NRW zeigt, haben 80 Prozent der Unternehmen Schwierigkeiten eine externe Nachfolge zu finden. Vor acht Jahren lag der Wert noch bei 56 Prozent! Jedes zehnte Unternehmen erwartet, keine Nachfolgerin oder Nachfolger zu finden und bereitet sich auf eine Stilllegung/ Liquidation vor.
„Die Baby-Boomer gehen in Rente – der Generationenwechsel wird immer mehr zu einer Bewährungsprobe für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen“, unterstreicht Ralf Stoffels, Präsident von IHK NRW. In Nordrhein-Westfalen stehen in den nächsten zehn Jahren 305.000 Familienbetriebe mit rund 1,8 Millionen Beschäftigten vor der Herausforderung, geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger für die Unternehmensspitze zu finden.
Im Vergleich zum IHK-Nachfolgereport 2019 hat sich die Lage weiter zugespitzt. Nach Berechnungen, im Auftrag von IHK NRW, liegt die Zahl der übergabereifen Unternehmen aktuell fast um 40.000 höher als noch vor fünf Jahren. Nahezu jeder zweite Inhaber eigentümergeführter Unternehmen in NRW ist inzwischen älter als 55 Jahre. „Damit ist in knapp 200.000 Betrieben – also fast in jedem vierten Betrieb in NRW - die Inhaberin oder der Inhaber 60 Jahre oder älter“, berichtet Stoffels. „Hier rollt eine Welle auf die NRW-Wirtschaft zu.“
„Für die abgebende Generation wird es in den kommenden Jahren aber noch schwieriger, das Unternehmen in gute Hände zu übergeben“, prognostizierte der IHK-Präsident. Denn die klassischen Gründerjahrgänge der 25- bis 45-Jährigen schrumpften und die frühere Selbstverständlichkeit einer familieninternen Übernahme durch Tochter oder Sohn existiere nicht mehr. „Nur noch 40 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer planen, ihr Unternehmen innerhalb der Familie zu übergeben“, nannte Stoffels ein weiteres Ergebnis der Umfrage.
1.796 Unternehmerinnen und Unternehmer wurden für den neuen IHK-Nachfolgereport NRW befragt. In den Antworten wurde deutlich, dass der Nachfolgeprozess in der Regel nicht nur komplex ist, sondern auch störanfällig. Mehr als jeder zweite Abgebende sieht in einer stetig wachsenden Bürokratie den Hauptverzögerungsfaktor. Bei 39 Prozent hemmt der Fachkräftemangel den Generationenübergang. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten, etwa durch aktuelle Krisen oder hohe Energiekosten, erschweren langfristig angelegtes unternehmerisches Engagement, klagen zudem viele Unternehmer. Bei zwölf Prozent der Abgebenden ist fehlende Motivation ein Hauptgrund, warum sie ihr Unternehmen innerhalb der nächsten zwei Jahre übergeben möchten. „Dies alles zeigt den dringenden Handlungsbedarf der Politik. Bürokratische Hemmnisse müssen identifiziert und abgebaut werden, Maßnahmen zur Abfederung des Fachkräftemangels sind notwendig. Wertschöpfung braucht mehr Wertschätzung“, so Stoffels.
Die Beratungserfahrungen der IHKs in NRW zeigen: Die rechtzeitige und professionelle Nachfolgeplanung ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für das Gelingen der Nachfolgeregelung. Ab einem Alter von 55 Jahren sollte die abgebende Generation beginnen, die Übergabe zu planen. Fünf bis zehn Jahre Vorbereitungszeit sind keine Seltenheit.
Erfreulicherweise beschäftigten sich Unternehmerinnen und Unternehmer zu einem früheren Zeitpunkt mit der Nachfolgeregelung als noch vor Jahren. Drei von vier der Befragten ab 55 Jahren haben eine klare Vorstellung vom Übergabezeitpunkt. 70 Prozent davon befinden sich bereits in der Phase der Informationsbeschaffung.
Die IHKs in NRW unterstützen den Nachfolgeprozess mit Informationsangeboten über eine fachkundige Einzelberatung bis hin zur vertraulichen Vermittlung von potenziellen Nachfolgern durch den IHK-Nachfolgepool und der nexxt-change Unternehmensbörse. Eine zusätzliche Hilfe bietet die digitale Plattform Unternehmenswerkstatt NRW (UWD). Sie stellt Tools für die strukturierte Nachfolgeplanung bereit. Dabei vereint sie digitale Möglichkeiten mit individueller Betreuung der IHK-Nachfolgeexperten. Ziel der IHK ist es, den Unternehmensbestand und damit die Arbeitsplätze so weit wie möglich zu erhalten.
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